Spirituell, jubilierend, virtuos
Begeisterter Applaus von rund 350 Gästen: die Bläserphilharmonie Heilbronn mit Saxofonist Christoph Enzel in der Harmonie.
"Wir hatten einen fantastischen Abend mit Ihnen. Ich hoffe, Sie mit uns auch.“ Marc Langes Worten folgt erneut der begeisterte Applaus von rund 350 Gästen in der Harmonie, die sich über eine weitere Zugabe freuen. Die beweist, dass das Orchester auch Tangorhythmen beherrscht. In dieses Dirigat stürzt sich der studierte Kapellmeister Lange ebenfalls hinein, wie schon zu Beginn des 90-minütigen Konzerts mit der 2003 von ihm gegründeten Bläserharmonie Heilbronn, dessen Leitung er seitdem innehat. Seine Dynamik ist für ihn schweißtreibend, doch er hält sie
durch. Die Formation beeindruckt als solche und mit Solisten, auf die
Lange immer wieder hinweist.
Wahnsinn Im kurzen Eröffnungsstück „Ceremonial Fanfare für Brass und Percussion“, eine Komposition des 1953 geborenen Niederländers Johan de Meij, präsentieren sich Blechbläser und Percussion in festlicher Klangsolidarität. Seinen Herzenswunsch erfüllt sich Lange
mit dem „Concerto für Altsaxofon und Blasorchester“ von David Maslanka (1943-2017), für ihn „einer der
großartigsten Komponisten für Bläser und Saxofon“. Als spirituell geprägter Mensch lässt der Amerikaner im ersten Satz „Fire in the Earth“
das Piano (Christian Wick) mit gefühlvoller Bläserbegleitung durch eine akustische Herbstlandschaft
wandern. Der Saxofonist Christoph Enzel nimmt die einfache Liedform auf, erst umrahmend, dann dominierend. Sanft gleitet das Zwischenspiel „Bright Window“ als Transkription eines Sopran-Solos aus Maslankas „Messe“ dahin. Der dritte von fünf Sätzen erweist sich als
explosiver Höhepunkt, ein „auskomponierter Wahnsinn“ (Lange). „Dear Jesus, what have you done“ treibt das Saxofon zu fast hysterischer Intonation, die Bläser kreischen nicht minder. Dann fängt Enzel, seitlich vom Piano und mit dem
Rücken zum Publikum stehend, technisch brillant den auditiven
Wahnsinn auf.
Was der aus Schwaigern stammende und in Berlin lebende Orchestersaxofonist, Arrangeur und
Komponist aus seinem Instrument herausholt, macht atemlos. Die Töne tanzen anmutig, donnern wie
eine Herde Wildpferde und entfalten sich ausgewogen wie ein heiterer Schmetterlingsschwarm unter
seinen Fingerkuppen. „Starry Night“, die verspielt barocke Sternennacht und die Krönungsmusik
„Mortal, have you seen this?“, aus Maslankas „Hells’ Gate“, treiben Saxofon und Bläser sanft bis jubilierend ins experimentelle Finale. Der
anhaltende Applaus wird mit Enzels Solo-Zugabe belohnt. „Ein kleines Stück zur Geburt meines Sohnes.“
Ebenfalls beeindruckend.
Space Opera Als Crossover aus Funk und Blues präsentiert sich „Fanfare and Funk“ von Oliver Waespi (geboren 1971). John Mackeys
(Jahrgang 1973) „This Cruel Moon“ vertont die tragische Lovestory von Kalypso und Odysseus. Ein wunderbarer Klangteppich aus allen Instrumenten, die auch die Themen und Charaktere der „Star Wars Saga“ (Krieg der Sterne) in allen Stimmungsskalen perfekt umsetzen.
Der US-amerikanische Komponist John Williams, 1932 geboren, schuf mit dem unverkennbaren Soundtrack zur Kultfilmreihe des Drehbuchautors George Lucas eine der erfolgreichsten Filmmusiken. Seit 2011 wird der 4. Mai, auch Datum dieses Konzerts, als Stars-Wars-Tag
gefeiert, in Anspielung auf den Satz „May the force be with you“ (Möge die Macht mit dir sein). Denn die
Macht ist als alles durchdringendes Energiefeld ein prägendes Element der Space Opera im Kampf um Gut
und Böse.
Im Arrangement von Johan de Meij sind die Themen der ersten beiden Filmepisoden „Eine neue Hoffnung“ (1977) und „Das Imperium
schlägt zurück“ (1988) zu hören. Beim fanfarenartigen „Main Theme“ ploppt bei Kennern sofort das
Kopfkino auf. Der tosende „Imperial March“ geht in das sanfte Thema von Princess Leia über. Dominante
Trompeten, Beckenschläge, Querflöten und Waldhörner stürmen „The Throne Room“ und kulminieren im brausenden Finale. Anhaltender Applaus für einen fantastischen Abend, findet auch das Publikum.
Zur Person
Marc Lange war Schüler an der Städtischen Musikschule Heilbronn, an der er Schlagzeug sowie Malletspiel lehrt und Orchester ausbildet.
Er ist auch international als Dirigent und Dirigierdozent tätig.
Der Saxofonist
Christoph Enzel ist Komponist, Arrangeur und Hochschuldozent in Rostock. Er spielt seit
über 20 Jahren bundesweit erfolgreich mit seinem Saxofon-Quartett „clair-obscur“. al
Autor: Astrid Link; Veröffentlicht am: 04.05.2024